Geistliche Impulse


Advent 2011

Der Tannenzapfen





Tannenzapfen habe ich schon als kleines Kind gern gesammelt. Sie gefallen mir und faszinieren mich noch heute.
Ein Tannenzapfen, den wir beim winterlichen Spaziergang finden, ist meist rau, hart und geschlossen. Wegen der Kälte zieht er sich zusammen – er schützt sich. Ihn zu öffnen, ohne ihn zu zerstören, braucht es keinen großen Kraftakt: nicht mehr, als etwas Wärme.
Zusammengezogen hat er sich, weil es kalt war und nass – damit er den Samen schützen kann. Wenn es warm ist, öffnet er sich, damit der Same heraus kommen, und damit ein neuer Baum entstehen kann.

Das kennen wir auch:
Wenn es kalt ist, dann igeln wir uns ein und legen unsre Arme eng an, damit wir uns schützen können vor der Kälte. Es gibt aber auch im Leben noch viele andere Momente, in denen wir uns einigeln, wo wir uns wie ein Tannenzapfen verschließen. Wenn wir Angst haben, wenn uns andere etwas Böses wollen, oder auch wenn wir unsicher sind und uns nicht trauen, uns auf etwas Neues einzulassen. Dann igeln wir uns ein – wir schützen uns vor der Kälte, die andere Menschen uns spüren lassen. Wir schützen uns vor der eigenen Unsicherheit.
Da lassen wir nichts an uns heran – so wie der Tannenzapfen.

Eine exemplarische Gestalt dafür ist Josef: Der war in einer ganz unsicheren Situation. Er war mit Maria verlobt, aber noch nicht verheiratet. Sie haben sich noch nicht so geliebt wie das Eheleute tun. Und trotzdem war Maria schwanger. Das hat ihm sicher wehgetan, weil er sich nicht erklären konnte, woher das Kind kommt. Also hat er beschlossen, sich von Maria zu trennen und wollte gehen. Heimlich, er wollte kein großes Aufsehen machen, Maria zuliebe. Muss das schwer für ihn gewesen sein, der wird sich sicher auch zusammengekauert haben, war unsicher und verletzt.



Und jetzt passiert etwas:
Der Engel Gottes kommt zu ihm, Gott schickt dem Josef eine Nachricht.
Eigentlich hätte er sagen können: Lass mich in Ruhe, ich kann gerade keinen sehen. Aber er spürt die Liebe Gottes. Gott wendet sich ihm zu – und da geht Josef das Herz auf. Die Liebe Gottes bewirkt, dass sich Josef wieder öffnet. Und er lässt sich alles erklären: Das Kind, das Maria erwartet, ist von Gott selbst. Und jetzt kann sich auch Josef auf das Kind freuen, zusammen mit Maria.


Vielleicht erleben wir es auch an Weihnachten, dass wir spüren, wie sehr Gott uns liebt. Dass wir in der Familie die Liebe spüren, die uns oft fehlt. Das ist wichtig, denn nur so können wir uns öffnen, unsere Unsicherheiten und Ängste ablegen.
Der Tannenzapfen öffnet sich, damit der Same herauskommt. Wir dürfen uns öffnen, damit unsere Lebensfreude herauskommt, damit alle unsere Talente, die in uns stecken, ans Tageslicht kommen und sie sich entfalten können.

Ihr Pfarrer Josef Schießl


Text: Josef Schießl;  Bild: pz