Geistliche Impulse


Pfingsten 2012

Betrachtung

Liebe Freunde,
bald werden es drei Monate sein, dass ich Indien verlassen habe, aber mein Herz bleibt noch bei euch allen.
Im Blick auf Pfingsten möchte ich euch ein paar Gedanken schreiben, mit denen mein Herz buchstäblich schwanger geht.
Es ist für mich als Gott geweihte
(Jung -)frau wichtig, ein schwangeres Herz zu haben wie Maria, die, nachdem
der Hl. Geist sie überschattet hatte, hinausging über die Berge und das Magnifikat sang, um Elisabeth zu besuchen. Ihr Leib war gesegnet und jeder, dem sie auf ihrem Weg begegnete, war gesegnet durch den verborgenen Jesus.
Wir alle sollten ebenso ein schwangeres Herz haben, besonders die Priester und Ordensleute, so dass jeder, der uns begegnet, gesegnet ist von dem, der geboren werden und in unseren Herzen wohnen wollte: Jesus.

  Manchmal jedoch ist unser Herz wie der Stall von Bethlehem, wo Ochsen und Esel wohnen,
  aber das ist der Ort, den Jesus erwählt hat.
  Im Deutschen gibt es das Sprichwort: „Wovon das Herz voll ist, davon läuft der Mund über!“
  So sollte unser Herz (mehr als der Mund) überfließen von dem in unserem Leben verborgenen   Jesus.


Pfingsten. Wir sehen Maria, die mit den Aposteln betet.
Als Frau habe ich Gedanken und Fragen, die ganz verschieden sind von dem, was Männer und Priester oft denken. Darum schreibe ich euch diese Gedanken. Wenn ihr an Pfingsten predigt, dann denkt bitte daran, dass wenigstens die Hälfte eurer Zuhörer Frauen sind.
Maria sitzt mitten unter den Aposteln und betet. Habt ihr euch jemals darüber gewundert, dass sie das getan hat? Ich schon! Es ist schließlich nicht normal, dass eine Mutter mit den früheren Freunden ihres Sohnes zusammen sitzt, den diese verlassen und verleugnet haben, als er sie am dringendsten nötig hatte.
Sie stand am Kreuzweg. Sie stand unter dem Kreuz. Nur einer der Jünger war dort. Maria war ein Mensch und eine Mutter wie Millionen anderer Mütter auch.

Wenn ich in mein Herz hineinhöre, dann muss ich bekennen, dass ich etwa so empfinde:
„Mit diesen Leuten will ich nie wieder beten. Ich hätte eine andere Kirche gegründet, mit besseren Leuten!“
Was war in der Zwischenzeit geschehen? Wie konnte Maria vergeben? Wie konnte sie ihnen wieder vertrauen? War dies das erste Wunder des Pfingsttages? Ich weiß es nicht, nur eines ist sicher: da war Versöhnung!

Ich weiß nicht, ob Maria die Apostel wirklich geliebt hat, sicher hat sie sie akzeptiert und respektiert.
Wir alle sprechen oft von Liebe, aber so oft vergessen wir, die Menschen um uns herum zu respektieren, oft auch die in unseren Gemeinschaften. Ich kann nicht jeden lieben, aber ich kann jeden respektieren, weil wir alle Ebenbilder Gottes sind, auch wenn manche Gefühle von Verletztheit in unseren Seelen bluten. Respekt ist der Gipfel der Liebe: die Menschen zu respektieren und ihnen auf derselben Ebene begegnen, auf der wir selber sind, Menschen aller Nationen und Religionen, Menschen aller Sprachen, ungeachtet der Kaste, der Hautfarbe oder des Geschlechts.
Das ist für mich die Botschaft von Pfingsten, sie ist auch eine Botschaft von Frieden und Versöhnung, von Heilung unserer inneren Wunden durch den Heiligen Geist.

Lasst uns unsere Herzen dem Heiligen Geist öffnen, der uns erfüllen will, der aus unserer inneren Höhle ein liebendes und schwangeres Herz machen will.
Liebe Freunde, es war für mich sehr hart, zur europäischen Kirche zurückzukommen, die noch funktioniert, weil Geld da ist, aber wer ist wirklich noch in einer liebenden Beziehung mit unserem Retter Jesus Christus?
Komm, Heiliger Geist, und rüttle uns auf, wo wir aufgerüttelt werden müssen!

Sr. Myriam

Dass Sie die Botschaft von Pfingsten sichtbar und spürbar erfahren wünscht Ihnen
Ihr Pfarrer Josef Schießl

Bild: pz; Text: Brief von Sr. Myriam, einer Ordensschwester, die          an Priester, Ordensleute und Freunde in Indien          schreibt;