Pfarrgeschichte


Anfänge des pfarrlichen Lebens in Zeitlarn

Wie für so viele Pfarreien hochmittelalterlichen Ursprungs liegen auch für den 1106 erstmals urkundlich erwähnten Ort Zeitlarn die Anfänge pfarrlichen Lebens im Dunkel. Dass es hier aber bereits im 12. Jahrhundert eine Kirche gab, geht unzweideutig aus einem päpstlichen Privileg für das Kollegiatstift bei der Alten Kapelle in Regensburg vom 28. April 1185 hervor, das unter dessen Besitzungen unter anderem eine „ecclesia Cydelarn" aufführt. Spätestens mit diesem Diplom beginnt die kirchenrechtliche Abhängigkeit Zeitlarns von dem genannten Regensburger Stift, die in der Rechtsform der Inkorporation bis herauf ins 20. Jahrhundert Bestand hatte und vornehmlich darin ihren Ausdruck fand, dass das Kollegiatstift zur Alten Kapelle kraft des sogenannten Präsentationsrechtes die Befugnis besaß, bei Vakanz der Pfarrstelle dem Ortsbischof einen Priester als ständigen Pfarrvikar (Vicarius perpetuus) vorzuschlagen. Gleichsam zum Dank und als Gegenleistung für seine Präsentation musste sich der jeweilige Pfarrvikar von Zeitlarn dem Stift gegenüber Jahr für Jahr in barer Münze erkenntlich zeigen. Laut Bistumsbeschreibung von 1723/24 betrug diese „Pensio annua" einen Gulden, der am Osterfest an die Stiftskasse zu zahlen war. Auch im Visitationsprotokoll von 1526 ist die jährliche Abgabe als „Schlüsselgeld zur Sakristei" mit einem Gulden ausgewiesen.

Foto: Studiendirektorin Ulrike Lauerer
Der südliche, freistehende Turm der Alten Kapelle ist als Rest des mittelalterlichen Westwerks anzusehen, das nach einem Brand abgebrochen wurde. Im Untergeschoss wurden römische Quader verbaut
Urkundlich erwähnt wird die Alte Kapelle erstmals 875. König Ludwig der Deutsche (826-876) ließ am Herzogshof eine Palzkapelle errichten, an die sich ein Kanonikatsstift anschloss. König Heinrich II, der als bayerischer Herzog zuerst in Regensburg residierte, stellte die Kirche nach seinem Regierungsantritt 1002 wieder her und belebte das Kollegiatstift neu.

Spricht das erwähnte Diplom von 1185 nur von einer „Kirche" in Zeitlarn, so muss der Ort späte­ stens im frühen 14. Jahrhundert zum Sitz eines Priesters mit Pfarrrechten aufgerückt sein, weil ihn das älteste Pfarreienverzeichnis des Bistums Regensburg von 1326 als solchen auflistet. Als erster namentlich bekannter Pfarrer begegnet in einer Urkunde der Alten Kapelle aus dem Jahr 1363 ein gewisser Albertus. Weitere Urkunden des Stifts bezeugen, dass das Präsentationsrecht im Laufe der Jahrhunderte mancherlei Wechselfällen unterlag: Zunächst übte es der Stiftspropst im Einvernehmen mit dem Kapitel aus; durch Vertrag von 1417 nahm er es für sich allein in Anspruch; ein neuerlicher Vertrag von 1683 verbürgte dieses Recht dem Kapitel als Ganzem; im frühen 19. Jahrhundert, als das Damoklesschwert der Säkularisation geraume Zeit auch über den beiden Kollegiatstiften der vormaligen Reichsstadt Regensburg hing, zog es der neue bayerische Landesherr ab 1811 an sich; 1838 schließlich gab König Ludwig l. das „urkundlich nachgewiesene Präsentationsrecht" wieder an das Stift zurück, bei dem es nunmehr verblieb, bis es nach dem Ersten Weltkrieg durch gemein- und orts- kirchenrechtliche Verfügungen definitiv seine Geltung verlor. Letztmalig haben die Stiftsherren der Alten Kapelle das Präsentationsrecht im Jahr 1922 bei der Besetzung der Pfarrei mit dem Regensburger Diözesanpriester Adolf Sollmann ausgeübt.

Die Alte Kapelle auf dem Kornmarkt in Regensburg heute

Das Studium der einschlägigen Visitationsprotokolle, Matrikeln und Pfarrbeschreibungen vermit­ telt den Eindruck, dass es um die materielle Grundlage der Zeitlarner Pfarrvikare bis tief in die Neuzeit herein nicht zum Besten bestellt war. So beispielsweise stufte der Visitator von 1526 - damals amtierte Caspar Kutzer aus Leibersdorf als Pfarrvikar in Zeitlarn - sämtliche zur Pfarrpfründestiftung gehörenden Gebäude als „ruinös" ein, und dass sich daran auch in den folgenden Generationen wenig änderte, bestätigt ein Visitationsbericht von 1580, der den Pfarrhof als „gar baufällig" apostrophiert.

Text: Prof. Dr. Karl Hausberger, Streiflichter auf die Geschichte der Pfarrei Zeitlarn, in: Orgelweihe Zeitlarn S.24-25, hg.,Pfarrei St. Bartholomäus Zeitlarn, 2004