Pfarrgeschichte


 

Entwicklung der Pfarrorganisation im Mittelalter

 

Entgegen früheren Vorstellungen, wonach sich bereits im Anschluss an die Christianisierung unseres Landes und die Umschreibung der Bistümer durch Bonifatius im Jahr 739 ein Netz von „Urpfarreien" gebildet habe, wissen wir heute, dass die Entwicklung der Pfarrorganisation im Sinne fester räumlicher Abgrenzung von Seelsorgesprengeln ein langwieriger Prozess war. Offenbar spielte für die pastorale Erfassung des flachen Landes das ganze Frühmittelalter hindurch das Eigenkirchenwesen ungeachtet seiner erbitterten Bekämpfung die entscheidende Rolle. Mit anderen Worten: Über viele Generationen hin war die Situation wohl dadurch gekennzeichnet, dass angesehene Familien „Hauskirchen" gründeten, die als Seelsorgezentren der jeweiligen Grundherrschaft den Stifter mit seiner Sippe sowie die Knechte, Mägde und hörigen Bauern erfassten.
Zeitlarn - alter Pfarrhof und alte Kirche; vgl. Heimatkundliche Sammlung, S. 118
Die Veröffentlichung der Photografien aus der Heimatkundlichen Sammlung Zeitlarn von Johann Köppl erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Ortsheimatpflegerin Frau Rita Eberwein.

Die Bemühungen um die systematische Ausgestaltung der Pfarrorganisation scheinen sich erst im steigenden 11. Jahrhundert intensiviert zu haben, und zwar in Umsetzung der auf der Lateransynode von 1059 formulierten Maßgabe, dass kein Priester seine Kirche von einem Laien entgegennehmen dürfe. Im Zuge der gesamtkirchlichen Reformbestrebungen wurde nun die für den Personenverband einer Grundherrschaft errichtete „Personalpfarrei" allmählich abgelöst von der „Regionalpfarrei", deren Zuständigkeit sich auf einen fest umrissenen Raum erstreckte. Durch die Zerlegung größerer Sprengel in kleinere entwickelte sich sodann bis zum Ende des 12. Jahrhunderts ein lückenloses und ziemlich dichtes Pfarrnetz. Wesentliches Kennzeichen einer vollberechtigten Pfarrkirche war fortan nicht mehr das Tauf- und Begräbnisrecht, sondern das „lus parochiale", das den Pfarrer mit der niederen kirchlichen Gerichtsbarkeit über das ihm zugeordnete Pfarrvolk betraute.


Text: Prof. Dr. Karl Hausberger, Streiflichter auf die Geschichte der Pfarrei Zeitlarn, in: Orgelweihe Zeitlarn S.24, hg.,Pfarrei St. Bartholomäus Zeitlarn, 2004