Die heilige Scholastika, *im Jahre 483, war eine Schwester des heiligen Benedikt, dessen frommes, zurückgezogenes Leben auf ihr noch unschuldiges Herz einen solch tiefen Eindruck machte, dass sie freudig der Welt entsagte und ihre Jungfräulichkeit Gott weihte. Als sie hörte, dass ihr Bruder auf dem Berg Kassino in Italien ein Kloster gebaut habe, äußerte sie den Wunsch, ebenfalls mit mehreren gleichgesinnten Jungfrauen ein klösterliches Leben zu führen. Der fromme Bruder gewährte ihren Wunsch und sie stiftete dann ein Nonnenkloster fünf Meilen vom Berg Kassino entfernt. Als Oberin leitete sie mit aller Umsicht das Kloster und ging in Beobachtung der Regeln mit gutem Beispiel voran. Sie führte ein strenges Leben und voll der Liebe Gottes war ihr Herz, dass man ihre Reden nicht anhören konnte, ohne vom Verlangen nach gleicher Liebe ergriffen zu werden. Alle Jahre kam sie mit ihrem geliebten Bruder in einem Landhaus zusammen, das in einiger Entfernung von dem Berg Kassino lag. — Der heilige Benedikt hielt nämlich die Klosterregel, gemäß welcher keine Frau die Klosterzellen betreten durfte, so genau, dass er dies nicht einmal seiner leiblichen Schwester zugestand. Waren die heiligen Geschwister beisammen, so brachten sie die ganze Zeit in heiligen Gesprächen und im Lobe Gottes zu und teilten untereinander die gottseligen Empfindungen ihres Herzens mit.
Schnell verfloss ihnen die Zeit und mit heiliger Freude und dem erneuten Entschluss, Gott noch mehr zu lieben, ihm noch eifriger zu dienen, kehrten sie dann wieder in ihre Zellen zurück. — Ihre letzte Zusammenkunft war von einem wunderbaren Ereignis begleitet.
Der heilige Papst Gregor erzählt darüber Folgendes:
Scholastika hatte wie gewöhnlich mit Psalmengesang und heiligen Unterredungen den Tag mit ihrem Bruder zugebracht. Gott dankend genossen sie miteinander das einfache Abendessen. Der heiligen Scholastika war es recht bang ums Herz; sie hatte eine Ahnung, als würde sie ihren geliebten Bruder das letzte Mal sehen. Es war ihr Angst auf die Stunde, wo sie sich von ihm trennen sollte. Sie bat ihn deshalb, er möchte seine Abreise auf den kommenden Morgen verschieben und die Nacht hindurch sich mit ihr über die Freuden des Himmels unterhalten. Der heilige Benedikt sagte zu ihr: "Meine Schwester, was verlangst du von mir? Außer der Zelle darf ich die Nacht hindurch nicht bleiben!" Die Heilige tief betrübt über die Weigerung ihres Bruders, legte ihr Haupt in die gefalteten Hände auf den Tisch, fing an bitterlich zu weinen und flehte zu Gott, dass er sich ihrer annehmen und den Bruder zurückhalten möge. Es war ein schöner Abend, der Himmel war heiter und wolkenlos. Kaum aber hatte Scholastika ihr Gebet beendet, als sich plötzlich der Himmel verfinsterte und unter Donner und Blitz ein heftiger Platzregen herab stürzte, wodurch es dem heiligen Benedikt unmöglich wurde, das Haus zu verlassen. Klagend sprach er zur Schwester: "Möge dir Gott verzeihen, was du getan hast!" Sie aber entgegnete ihm: "Ich habe von Dir eine Gnade begehrt, du aber hast sie mir abgeschlagen. Ich habe zum Herrn meine Zuflucht genommen und der hat mich erhört. So tritt über die Schwelle, wenn du kannst, verlass mich und kehre ins Kloster zurück." Benedikt, erstaunt über die Macht des Gebetes seiner lieben Schwester, blieb nun bei ihr. Die ganze Nacht brachten sie wachend zu; von nichts anderem redeten sie als von der Glückseligkeit der Heiligen im Himmel. Am frühen Morgen nahmen sie Abschied von einander. Hart war die Trennung der Schwester von ihrem Bruder; sie sollte ihn ja auf Erden nicht mehr sehen. Nach drei Tagen entschlief sie wirklich, umgeben von ihren Schwestern, sanft im Herrn. Der heilige Benedikt war um diese Zeit in seiner Zelle tief in Verachtung versunken. Da sah er im Geiste die Seele seiner Schwester in Gestalt einer Taube in den Himmel sich empor schwingen. Dieser Augenblick erfüllte ihn mit Freude; in Lobpreisungen Gottes ausbrechend brachte er die Nachricht seinen Brüdern, sandte dann einige von ihnen in das Kloster seiner Schwester, um ihren heiligen Leichnam zu holen, den er dann in das Grab senkte, welches er sich selbst bereitet hatte.
Die heilige Scholastika starb im Jahr 543, 60 Jahre alt.
Sie wird abgebildet im schwarzen Nonnengewand, ihre Seele als Taube auffliegend. Der Festtag, Gedenktag, Verehrungstag genannt, ist der 10. Februar.
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