Theresia von Lisieux im Oktober
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Als Patronin der Weltmission und zweite Patronin Frankreichs wird die heilige Theresa von Lisieux (1873–1897), geborene Marie Françoise Theresia Martin, verehrt. Sie ging unter dem Namen „Theresia vom Kinde Jesu“ in die Geschichte der katholischen Kirche ein. Man nennt die in jungen Jahren gestorbene Nonne zur Unterscheidung von der großen heiligen Theresia von Ávila (1515–1582) auch „Kleine Theresia“.

Marie Françoise Thérèse Martin kam am 2. Januar 1873 in Alençon (Normandie) als neuntes und letztes Kind ihrer Eltern zur Welt. Sie war erst vier Jahre alt, als ihre Mutter starb und den Vater mit fünf Töchtern allein zurückließ. Die älteste der Schwestern namens Pauline betreute die jüngeren Geschwister und half dem Vater, der mit den Kindern nach Lisieux zog. Als Theresia neun Jahre alt war, trat ihre „kleine Mutter“ Pauline 1882 in den Karmelitenorden von Lisieux ein und hieß fortan „Schwester Agnes vom Kinde Jesu“. Nach dem Abschied von ihrer geliebten Schwester, den sie seelisch nur schwer verkraftete, litt Theresia an langen Ohnmachtsanfällen und wurde schwerkrank.Auf dem Krankenlager erlebte Theresia, an deren Heilung man kaum noch glaubte, eine Vision vor einer Statue der heiligen Maria in ihrem Zimmer. Das Antlitz der Muttergottes strahlte Milde, Güte und Zärtlichkeit aus, und ihr stilles Lächeln faszinierte die überglückliche Theresia, die im Nu geheilt wurde, was man in ihrer Umgebung als Wunder empfand. Das „göttliche Lächeln“ der heiligen Maria bewirkte, dass Theresia in der Folgezeit den Eindruck hatte, „alles lächelte ihr auf Erden entgegen“. Auch sie selbst lächelte – nach Aussage von Zeitgenossen – fortan unnachahmlich. Sie besaß ein kindliches Wesen, jegliche Hinterhältigkeit und Berechnung waren ihr fremd. 1886 trat auch ihre Schwester Marie in den Karmel von Lisieux ein. Bereits als Kind liebte Theresia die Natur und vor allem die Blumen. Sie war entzückt vom Anblick der mit Kornblumen, Klatschrosen und Maßliebchen durchsetzten Felder, der weiten Fernen, der hohen Bäume, der Sterne und des Schnees. Als sie zum ersten Mal das Meer sah, konnte sie sich von diesem Anblick kaum losreißen. Sogar in ihren Träumen spielte die Natur – in Form von Wäldern, Blumen, Bächen und des Meeres – eine große Rolle. Mit 14 Jahren wurde der schon seit ihrem zweiten Lebensjahr von Theresia gehegte Wunsch, wie ihre Schwestern ins Kloster zu gehen, übermächtig. Ihr frommer Vater willigte bald ein, doch ihr einflussreicher Onkel, der Pfarrer des Klosters von Lisieux und der Bischof, den sie aufsuchte, lehnten wegen ihres niedrigen Alters ihr Ansinnen ab. Bei einer Pilgerreise nach Rom im November 1887 warf sich Theresia entgegen ausdrücklichen Anweisungen dem Papst Leo XIII. (1810–1903) vor die Füße und bat ihn um die Erlaubnis, mit 15 Jahren in das Kloster eintreten zu dürfen. Ohne Erfolg: Die Schweizergardisten schleppten die in Tränen aufgelöste Theresia gewaltsam vom päpstlichen Stuhl weg. Diese war über die Reaktion des Papstes sehr enttäuscht, kehrte gedrückt nach Lisieux zurück und erhielt bereits Ende 1887 die Zustimmung des Bischofs zu ihrem Gesuch.
Am 10. Januar 1889 wurde die 16-Jährige im Karmelitinnenkloster von Lisieux als„Theresia vom Kinde Jesu“ eingekleidet: Die „Braut Christi“ erhielt ein weißes Samtkleid mit Schwanenpelz und Alençonspitzen und trug danach den schlichten Habit der Karmelitinnen. 1893 ernannte man Theresia zur zweiten Novizenmeisterin. Nach dem Tod des Vaters schloss sich auch die letzte der fünf Schwestern dem Karmelitenorden an. Das Leben hinter Klostermauern war für Theresia nicht leicht. Sie wohnte in einer kleinen Zelle, lag viele Nächte schlaflos im Strohsack, fror im Winter, wurde oft zu Unrecht durch die Oberin Maria von Gonzaga getadelt, verrichtete die damals üblichen Bußübungen und erduldete Bosheiten ihrer Mitschwestern. Die Mitschwestern hielten das schweigsame und verschlossene Mädchen, das – aufgrund einer Sondererlaubnis – täglich zur heiligen Kommunion gehen durfte, für eingebildet und stolz. Sie ahnten nicht, welche inneren Kämpfe Theresia täglich auszufechten hatte. Ungeachtet dessen schrieb Theresia später in ihrer Autobiographie: „Im Kloster entzückte mich alles“. Ihr Leben lang litt die nach außen hin ruhig und beherrscht wirkende lungenkranke Theresia unter Angstzuständen. Häufig quälte sie der Gedanke, Gott habe sie verlassen und geriet deswegen in schwere innere Konflikte. Manchmal meinte sie auch, sie sei zur Verdammnis verurteilt. Ungeachtet dessen gab sie sich ganz der Liebe Christi hin. Mit ihren Leiden wollte sie ihre Liebe zu den Sündern der Welt zum Ausdruck bringen. Theresia fühlte sich als einfacher, unbedeutender Mensch, der Gott nur ganz kleine Dinge anzubieten braucht. Sie lehrte einen „kleinen Weg“ des Vertrauens und der Liebe, der das Göttliche inmitten der gewöhnlichsten Dinge entdecken lässt. Sie erfuhr Gott als ein lebendiges Du, das den Menschen in seiner ganzen Schwachheit liebt und aufrichtet. Sie selbst wünschte sich, „die kleine Therese“ genannt zu werden. Ab 1895 verfasste die ihren frühen Tod ahnende und herbeisehnende Theresia von Lisieux ihre Autobiographie „Histoire d’une âme“ („Geschichte einer Seele“). Dieses von der Oberin, ihrer leiblichen Schwester Agnés de Jésus (1861–1951), herausgegebene Werk erschien 1898 postum. Mitschwestern im Kloster, die Therese verkannten, meinten noch kurz vor deren Tod, sie habe nie etwas Nennenswertes geleistet.

Am 30. September 1897 starb Theresia von Lisieux im Alter von nur 24 Jahren in ihrem Kloster an Tuberkulose. Papst Pius XI. (1857–1939) sprach sie 1925 heilig und ernannte sie 1927 zur Patronin der Weltmission. 1944 wurde sie zweite Patronin Frankreichs.
Papst Johannes Paul erklärte sie 1997 zur Kirchenlehrerin. Ihr Gedenktag fällt auf den
1. Oktober.

In einem Glasschrein der Kathredrale Sainte-Thérèse in Lisieux wird eine Wachsfigur der Heiligen aufbewahrt. Bis heute lockt dieses Gotteshaus alljährlich Hunderttausende von Pilgern an. Auf Kunstwerken ist Theresia von Lisieux fast immer im Ordenshabit der Karmelitinnen – braunes Gewand, weißer Mantel – dargestellt. Oft kann man sie zusammen mit Rosen sehen, da sie vor ihrem Tod versprochen haben soll, Rosen der Liebe vom Himmel herab zu streuen.